Denkwürdiger
Besuch bei den Ulmer Freidenkern
Am gestrigen Mittwoch veranstaltete der Verein der
"Freidenkerinnen und Freidenker Ulm/ Neu-Ulm" im Ulmer
Haus der Gewerkschaften einen Vortragsabend, an dem der Potsdamer
Politikwissenschaftler Christoph Kopke einen Vortrag zum Thema
"Was will die NPD" hielt. Drei Kameraden des
NPD-Kreisverbands Neu-Ulm ließen es sich trotz der Ankündigung auf
der Internetseite der Freidenker, man wolle nicht mit
"Faschisten" und "Nazis" reden, nicht nehmen,
den Vortrag zu besuchen. Es sollte sich zeigen, daß die Freidenker
ihrem Namen bei weitem nicht gerecht wurden.
Die Veranstaltung war gut besucht, allerdings fast ausschließlich
von älteren Personen. Manchem Vortragsbesucher fielen die drei
jungen Kameraden bereits im Vorfeld auf. Kopkes einstündiger
Vortrag umriß sowohl die Geschichte als auch die Programmatik und
die Weltanschauung der Nationaldemokraten. Dabei ging er leider
wenig auf die Inhalte ein und versuchte vielmehr, durch seine
spöttische Form der Rhetorik die Positionen der NPD ins
Lächerliche zu ziehen. Er ließ es sich auch nicht nehmen, zu
behaupten, daß die Landtagsabgeordneten der NPD kaum politische
Arbeit leisteten und stattdessen nur provozieren würden. Insgesamt
war es ein sehr einseitiger Vortrag, in dem der Referent immer
wieder versuchte, Mitglieder und Funktionäre der NPD als Idioten
hinzustellen. Den Fraktionsvorsitzenden der NPD im Landtag von
Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, bezeichnete er gar als
"durchgeknallt".
Nach dem Vortrag kam es zur Diskussion. Dabei meldete sich einer der
anwesenden NPD-Anhänger zu Wort. In einer sehr ruhigen und
höflichen Art bekannte er sich offen zu seiner NPD-Mitgliedschaft
und wies Rassismus- und Faschismus-Vorwürfe klar zurück. Dann
wandte er sich mit der Frage an die veranstaltenden Freidenker, ob
man ihm gewähren würde, ein paar Worte zum Vortrag zu sagen. Es
ging ein kurzes Raunen durch den Saal; viele wußten wohl nicht, wie
man mit der Situation umgehen sollte. Dann ergriff eine Frau im
mittleren Alter das Wort. In einem hysterischen und aggressiven Ton
sagte sie, sie wolle hier keine NPD-Propaganda hören und würde den
Saal sofort verlassen, sollte der junge Mann zu Wort kommen. Als sie
für ihre Worte Beifall erntete, war es auch für den
Diskussionsleiter eine ausgemachte Sache, dem Kameraden nicht das
Wort zu erteilen.
Die Diskussion ging weiter, doch leider konnte der
"Zwischenfall" nicht so schnell abgetan werden, wie es dem
Veranstalter recht gewesen wäre. Ein bekennender PDS-Wähler
meldete sich zu Wort. Er kritisierte die einseitige Verurteilung der
Rechten in den Medien sowie die Totschweigestrategie gegenüber der
NPD und verurteilte es, daß hier einem jungen Menschen, der in
höflichem Ton gefragt hatte, verboten wurde, seine Meinung zu
äußern. Ein anderer zitierte Rosa Luxemburg, die einmal sagte,
Freiheit sei immer auch die Freiheit des Andersdenkenden.
Nachdem der Redner hierauf nur mit der verlogenen Behauptung
antworten konnte, daß es unter einer NPD-Herrschaft überhaupt
keine Redefreiheit mehr gäbe, nahm die hysterische Dame wieder das
Heft in die Hand. Sie warf dem Kameraden, der nun allein im Saal
war, da seine beiden Begleiter die Veranstaltung aus Protest
verlassen hatten, vor, er sei mitverantwortlich dafür, daß
täglich Menschen nur wegen ihrer Hautfarbe verprügelt würden und
daß es Stadtviertel gebe, in denen sich Ausländer nicht mehr
blicken lassen dürften. Der Kamerad wunderte sich nur, da er in
seinem Leben noch nie einen Ausländer geschlagen hatte, wohl aber
zweimal von Ausländerbanden überfallen wurde.
So konnte die Diskussion wieder weg von dem "Störenfried"
in halbwegs "freidenkerische" Bahnen gelenkt werden. Der
Kamerad versuchte nach der Veranstaltung noch, mit dem Redner zu
sprechen. Die kurze Diskussion erwies sich aber schnell als
äußerst fruchtlos, da Kopke auf jegliche Kritik nur mit
spöttischen und gehässigen Bemerkungen reagierte. In der
Diskussion hatte er dem Kameraden noch vorgehalten, daß es ganz
anders ablaufen würde, wenn ein Linker in einer NPD-Veranstaltung
das Wort ergreifen würde, worauf dieser erwiderte, daß es auf dem
vergangenen NPD-Bundesparteitag genau zu einer solchen Situation
gekommen sei und daß die linksgerichtete Person in diesem Fall den
Saal verlassen konnte, ohne in irgendeiner Form tätlich angegangen
oder beleidigt worden zu sein.
Ein kleines Trostpflaster blieb den drei NPD-Mitgliedern noch. Drei
Besucher der Veranstaltung, die den Namen Freidenker verdient hatten
- darunter der genannte PDS-Wähler -, erklärten sich bereit, mit
den Kameraden noch ein Bier zu trinken, um über das Geschehene
sowie über diverse politische Themen zu diskutieren - sachlich und
würdevoll, also so, wie es auf der Veranstaltung der Freidenker
gerade nicht praktiziert wurde. So saß man noch bis halb zwölf im
Gerberhaus im Fischerviertel und fand Gemeinsamkeiten und
Differenzen, ohne dabei dem Diskussionspartner die Meinung zu
verbieten oder mit gehässigen Bemerkungen zu kontern.
Was den Vortrag des Herrn Kopke betrifft - sowohl inhaltlich, als
auch der äußeren Form nach -, so konnte dieser für jeden
Nationalen nur eine Bestätigung dafür sein, daß wir in
Deutschland in einer Gesinnungsdiktatur leben. Es war ein Tag der
gelebten Meinungszensur!
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