Bericht zu den Freien Wählern
Die Freien Wähler sind in der Bundesrepublik angekommen

Die bayerische Landtagswahl am 28. September 2008 wurde von vielen als ein kleines politisches Erdbeben wahrgenommen. Die Christliche Einheitspartei Bayerns, Verzeihung, die Christlich-Soziale Union (CSU), erhielt eine heftige Klatsche und sank von rund 60 auf etwa 43 Prozent der Stimmen. Auch die in Bayern ohnehin schwachen Sozialdemokraten mußten Federn lassen. Klarer Gewinner der Wahl waren die Freien Wähler, die aus dem Stand über zehn Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnten.

Der Erfolg der Freien Wähler hatte im Wesentlichen zwei Ursachen. Erstens waren die Bayern sichtlich von ihrer CSU enttäuscht. Zweitens wurden die Freien Wähler als sehr bürgernahe Alternative empfunden, da diese als Wählervereinigung in zahlreichen kommunalen Parlamenten vertreten sind. Dennoch wurden vielerorts Zweifel laut, ob das mit den Freien Wählern denn gutgehen kann. Eine Wählervereinigung, die in einem Flächenland zur Landtagswahl antritt, ohne wirkliches Programm, ohne eine bekannte Führungsperson.

Als man die „CSU-Rebellin“ Gabriele Pauli vor den Karren spannte, zeichnete sich eine erstaunliche Parallele zu einer anderen Partei ab, die zwar immer noch in regelmäßigen Abständen große Wahlerfolge feiert, dem zum Denken fähigen politischen Beobachter aber längst signalisiert hat, daß sie nicht einmal ansatzweise eine seriöse Alternative zu den herrschenden Politbonzen darstellt. Vor ein paar Jahren entstand nämlich eine „Wahlalternative“, die durch die Enttäuschung über die Regierungspolitik großen Zulauf erhielt und an deren Spitze sich schnell einer schwang, der anderswo als kleiner Revoluzzer gescheitert war und nun die Gelegenheit erkannte, mit den alten Genossen abzurechnen. So oder so ähnlich war das doch, nicht wahr, Oskar?

Inzwischen ist es über ein halbes Jahr her, daß die Freien Wähler in das Maximilianeum eingezogen sind. Aber man hat nicht den Eindruck, daß sich etwas Grundlegendes in Bayern geändert hat – weder durch schwarz-gelb, noch durch die Freien Wähler. Und es häufen sich die Anzeichen, daß die so hochgepriesene Wählervereinigung längst auf einen BRD-konformen Anpassungskurs umgeschwenkt ist. 

So fühlte man sich an die üblichen Pawlowschen Reflexe der Systemparteien erinnert, als Anfang April zwei Landesverbände von den Freien Wählern ausgeschlossen wurden. „Rechtsextreme Tendenzen“ glaubte man dort erkannt zu haben. Mit klarem Verstand eher weniger gesegnete Beobachter erkannten sogar eine „Unterwanderung durch Neo-Nazis“. 

Was war geschehen? Der Bremer Landesvorsitzende Friedrich Altvater hatte es gewagt, den Einsatz von Steuergeldern für jüdische Friedhöfe als Verschwendung zu brandmarken. Das war natürlich Neonazismus allerhöchsten Grades, wenngleich Altvater diese Ansicht mit der Mehrheit der Bevölkerung teilt. Also mußte gehandelt werden. Der Bremer Landesverband wurde kurzerhand ausgeschlossen. Da im Landesverband Brandenburg wohl ähnliche faschistische Auswüchse zu erkennen waren, wurde dieser gleich mit über Bord geworfen.

Angesichts der durch die Medien geschürten allgegenwärtigen Anti-Rechts-Hysterie kann man es ja verstehen, daß sich eine politische Vereinigung nicht in die rechte Ecke schieben lassen will. Doch es geht noch BRD-konformer. Als vor kurzer Zeit die Europawahlen vor der Tür standen und Pauli, Aiwanger und Konsorten schon von Mandaten in Straßburg träumten, mußte eine schlagkräftige Wahlkampfstrategie her. Zehn Prozent in Bayern sind ja schon einiges, aber ob das bundesweit reichen wird?

Nun, Gabriele Pauli glaubte die Lösung des Problems gefunden zu haben. Man muß neue Wählergruppen ansprechen, das bürgerliche Lager allein genügt nicht. Woran denkt man da als angepaßter Bundesrepublikaner zuerst? Richtig! Wähler mit Migrationshintergrund müssen her! Die vielen Paßdeutschen, die unlängst auch unsere Bundeskanzlerin Merkel für sich entdeckt hat. Und so kam es, daß Frau Pauli Mitte Mai eine Schar türkischer Journalisten mit großen Lobeshymnen und dem Versprechen, sich für einen EU-Beitritt der Türkei stark zu machen, umgarnte. Grundsätzlich strebten die Freien Wähler eine Vollmitgliedschaft des vorderasiatischen Staates an, so die Fürther Landrätin.

Paulis Kollege Murat Bülbül, Stadtrat der Freien Wähler in Zirndorf, war bei der Kooperation mit den türkischen Medienvertretern die treibende Kraft. Er organisierte unter anderem ein Interview mit dem Fernsehsender Yol-TV in Köln und ein Treffen mit der türkischen Zeitung Hürriyet, die für einen radikalen türkischen Chauvinismus steht.

„Rechtspopulisten“ ausschließen, die Fühler nach Ankara ausstrecken, türkische „Mitbürger“ in die Kommunalparlamente entsenden – die Freien Wähler haben ihren Ruf als mögliche Alternative verspielt und sind längst in der bundesdeutschen Multi-Kulti-Republik angekommen. Es ist daher nicht zu erwarten, daß im bayerischen Landtag in der aktuellen Legislaturperiode irgendeine Form von oppositioneller Politik seitens der Fraktion der Freien Wähler praktiziert werden wird. Der Wähler sollte sich diesen Umstand zu Herzen nehmen und es bei der Bundestagswahl am 27. September besser machen!

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