Bellenberg: ein Beitrag zur Asylheim-Debatte
Im
4500-Seelen-Ort Bellenberg herrscht helle Aufruhr: 90 Asylbewerber
sollen möglicherweise in dem ehemaligen Firmengebäude der Firma
Schrapp und Salzgeber eine neue Bleibe finden. Letzte Woche wurde
zur Bürgerversammlung geladen, zu der mehrere hundert Bürger
erschienen waren. Und im Gegensatz zu anderen Gemeinden, in denen
bei solchen Infoveranstaltungen meist nur Protest durch vereinzelte
Zwischenrufe zu vernehmen ist, gab es in Bellenberg ordentlich
Gegenwind vom Rednerpult aus.
Besonders
stark machten die Anwohner des betroffenen Wohngebietes ihrem Ärger
Luft. Kritisiert wurde vor allem die verfehlte Informationspolitik
der Bürgermeisterin und des Stadtrats, der Profit, der dem
Unternehmer Schrapp durch die Vermietung des Gebäudes winkt und die
für die kleine Gemeinde verhältnismäßig große Zahl an Flüchtlingen.
Die Vertreter des Rathauses und des Stadtrates waren sichtlich bemüht,
den Bellenbergern die Situation schmackhaft zu machen, ihnen ihre Ängste
zu nehmen und sie zu animieren, das Problem durch möglichst großes
Engagement von Seiten der Bürgerschaft zu entschärfen.
Geht
man nach den Wortmeldungen auf der Versammlung, so ist es vor allem
die Zahl an Flüchtlingen, die vielen sehr sauer aufstößt: Im
Landkreis Neu-Ulm sind ungefähr ein Prozent der Bevölkerung
Asylbewerber; das wären für Bellenberg nur 45 statt 90. Ein
Konsens unter vielen Asylheim-Kritikern lautet daher: 45 könnte man
aufnehmen, aber 90 sind zu viele. Aber was ist, wenn in einem Jahr
so viele Asylanten vor der Türe stehen, daß jede der 16 anderen
Gemeinden im Landkreis von zwei oder mehr Prozent aufnehmen muß?
Sind dann 90 immer noch zu viele?
Die
Vertreter des Stadtrats werden auch dann noch argumentieren, daß es
die christliche Pflicht gebiete, diesen Menschen zu helfen und daß
die Gemeinde keine andere Wahl hätte, da die anderen Städte und Dörfer
ja ebenfalls so viele Flüchtlinge aufnehmen müßten. Es wird so
getan, als ob die Gemeinde hier ganz ohne Mitspracherecht sei. Doch
genau diese Denkweise führt in die Sackgasse.
Denn
jede Anstrengung, den Asylbewerbern das Leben hier weich und gemütlich
zu machen, wird neue Wirtschaftsflüchtlinge aus aller Welt anlocken
– so lange, bis entweder das Sozialsystem oder die innere Ordnung
vollends kollabieren! Und zu diesen Anstrengungen zählen die
Abschaffung der Residenzpflicht und die Auszahlung von Bargeld
anstelle von Sachleistungen genauso wie ein Asylhelferkreis, der die
Asylanten mit Hilfsangeboten und Waren aller Art überschüttet –
anstatt ihnen zuallererst klarzumachen, wie man sich in Deutschland
zu benehmen hat und daß es möglicherweise anstößig sein könnte,
wenn man in Gegenwart deutschen Rentnerinnen mit dem Smartphone der
neusten Generation herumfuchtelt.
Die
beste Wortmeldung kam diesbezüglich von einem Mann, der sinngemäß
sagte, daß der Flüchtlingsstrom immer so weitergehen werde, wenn
nicht irgendwann eine Gemeinde gegen den Landkreis aufsteht, ein
Landkreis gegen das Bundesland, ein Land gegen die Bundesregierung
und diese dann gegen Brüssel. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Was
den vielgescholtenen Unternehmer Schrapp betrifft: Es ist verständlich,
wenn die Bürger und Steuerzahler dagegen protestieren, daß für
die Unterbringung der Asylbewerber so viel Geld den Besitzer
wechselt. Doch rechtfertigt das die Wut gegen diesen Mann? Sollten
die Bellenberger nicht eher gegen die aufbegehren, die ihre
Steuergelder ausgeben, statt gegen den, der sie empfängt?
Eine
Wortmeldung stieß sowohl unter den Befürwortern als auch unter den
meisten Asylheim-Kritikern auf sehr wenig Gefallen: Ein junger Mann
hatte die Frage aufgeworfen, warum denn so viele Männer unter den
Asylanten seien. Seinem Verständnis zufolge sollten diese jetzt in
der Heimat sein und „ihr Land verteidigen“. Das klingt schon
fast martialisch, aber ist es deshalb falsch? Man stelle sich vor,
der Westen würde morgen zum großen Feldzug gegen den IS blasen
(andere Staaten wurden schon wegen weit weniger „befreit“!). Wäre
es dann wirklich so unmoralisch, alle wehrfähigen syrischen Männer
vor die Wahl zu stellen, entweder Seite an Seite mit der Bundeswehr
zu kämpfen oder das Land zu verlassen?
Wie
meist bei solchen Veranstaltungen wurde nur sehr wenig über die größeren
Zusammenhänge und die Ursachen diskutiert. Vereinzelt wurde über
Wirtschaftsflüchtlinge geschimpft, aber das war es dann auch schon.
Die Kerne des Problems kamen kaum zur Sprache, was teilweise verständlich
ist: Auf die Konfliktherde der Welt haben wir nur einen sehr
begrenzten Einfluß – und wer bei der letzten Bundestagswahl die
NATO gewählt hat, sollte bei diesem Thema ohnehin still sein. Aber
wir haben einen Einfluß darauf, ob wir hier Bedingungen schaffen,
die für jeden potentiellen Wirtschaftsflüchtling eine Einladung
zur illegalen Einreise sind!
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